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In der Motorradszene sind Maxi Scooter eine Art Mischling. Als sie vor einigen Jahren aufkamen galten sie als stärkere Versionen der Scooter,Lambrettas und anderer 250 Kubik-Zweiräder.

Schon diese waren von der Töffwelt als unterklassig taxiert, denn ein Motorrad muss mindestens 500 Kubikzentimeter haben. Der Maxi-Scooter hat dank tollen Modellen und guten Absatzzahlen überlebt. Diese neue Gattung hat sich gut entwickelt. Sogar weiterentwickelt, denn mittlerweile gibt es „grosse“ Maxi Scooter.

Neben den TMax und Majesty von Yamaha und dem Burgman von Suzuki gehört auch der C 600Sport oder der C 650 GT von BMW dazu. Genau den letztgenannten haben wir als echte Biker ohne Vorurteile getestet. Denn ich habe für die Stadtfahrten ja auch einen Maxi-Scooter. Also will ich den neuen mal genauer unter die Lupe nehmen.

Klar, dieser Maxi-Scooter C 650GT ist für die Stadt konzipiert. Selbst mit seiner Breite von 80 cm ist er flink genug, sich durch den Verkehr zu schlängeln. Der Zweizylinder-Motor mit 647 ccm leistet 60 PS und ist an eine CVT-Automatik gekoppelt. Will heissen, nur den Gasgriff drehen um zu beschleunigen oder zu verlangsamen. Ganz einfach.

Beeindruckt von der Motorisierung und den Komfort entschliessen wir uns zu einem ausgedehnten Test. Kurz entschlossen geht die Route innert zwei Tagen von



Zürich nach Palavas les Flots am Mittelmeer und zurück.

Start ist am ersten Tag am Sitz von BMW in Dielsdorf. Um halb Zwölf geht’s los Richtung Süden. In Yverdon muss ein erster Tankstopp eingelegt werden. Auf dieser ersten Strecke verlief alles gut. Komfortable Sitze, angenehme Sitzposition und guter Schutz durch die hoch angesetzte Scheibe.

Folgen Stopps in der Nähe von Grenoble, dann Montélimar und schlussendlich in Palavas les Flots, wo wir nach 714 Kilometern wovon 95% auf Autobahnen gegen halb acht eintreffen. Die Bilanz des ersten Tages ist überraschend. Ausser der reisebedingten Müdigkeit und des Lärms fühlen wir uns sehr gut. Kein Muskelkater, nicht mal Sitz-Schmerzen oder sonst was. Eigentlich in einer besseren Verfassung als auf einem herkömmlichen Motorrad. Denn die Bewegungsfreiheit der Sitzposition während der Fahrt auf dem Maxi-Scooter zwingt nicht zu verkrampften Fahrstellung während der ganzen Fahrt. Einzige Schwierigkeit der Fahrt war der Stau auf der A7 in der Nähe von Valence. Rund 40 Kilometer lang, anderseits war es ein Vergnügen, sich mit der GT650 durch den Stau zu schlängeln, sehr agil und beinahe schwerelos. Auffällig war, dass in Frankreich Automobilisten die Töff-Fahrer mehr respektieren als hierzulande. Es war beeindruckend zu erleben, wie die Autofahrer Platz machten, um den Zweirädern freien Durchgang zu gewähren.

Am Folgetag stand die Rückfahrt auf dem Programm. Adieu, Palavas les Flots und das Meer, jetzt geht’s wieder heimwärts Richtung Berge. Stichwort Berge, statt nochmals die gleiche Strecke in die andere Richtung zu fahren, haben wir entschlossen den Bergparcours unter die Räder zu nehmen. Kein Vergleich zur Grimsel aber mit viel Spass und Freude, von Orange Richtung Nyons und Serre nach Gap. Rund 100 Kilometer Schluchten, Kurven, Gas geben und bremsen nach Belieben. Eine ideale Strecke, um Motorräder oder eben Maxi-Scooter zu testen. Quasi ein Aussen-Labor für Beschleunigung, Bremsen, Ausdauer, Sitzposition und Verbrauch.

Ergebnis: Oh Wunder! Der brave Maxi-Scooter GT650 bereitet echt Spass: Angriffswinkel, Achswechsel, dank ABS griffige Bremsen mit einer leichten Schwäche durch die fehlende Abstimmung der hinteren mit den vorderen Bremsen. Na gut, nach ein bisschen Schwitzen und leicht erhöhtem Treibstoffverbrauch treffen wir nach einer tollen Fahrt in Gap ein. Zeit für eine Kaffeepause mit Auftanken und weiter über die Route Napoléon nach Grenoble. In der Nähe von Chambéry setzt Regen ein. Kurzer Halt und gleich weiter als Froschmann auf dem Maxi-Scooter.

Nacht und Regen, das passt einem Biker natürlich…oder? Zum Glück erfolgte der letzte Teil des Parcours auf der Autobahn. Die Ankunft ist in der Nacht und erst noch trocken, denn die Regenkleidung tat gute Dienste und auch der Schutz durch die Abdeckungen haben guten Dienste erbracht.

Fazit dieses verrückten Ausrittes: Ein Verbrauch um die 5 Liter/100 km, viel Spass, etwas Mühe und keinerlei Muskelkater.

Bilanz: En Résumé ist die GT650 eine tolle Entdeckung. Neben den vorzüglichen Eigenschaften für die Stadt sind auch lange Reisen bequem und sicher in besten Konditionen zu bewältigen. Und trotzdem gibt es Kleinigkeiten zu bemängeln. Zum Beispiel der etwas unpraktische Tankdeckel oder die manchmal etwas umständlich einzustellende Schutzscheibe, Plastikteile die sich lösen und ein gewöhnungsbedürftiges Motorgeräusch. Als sehr nützlich erweist sich die automatische Bremse, die sich beim Ausklappen des Fusses einschaltet und vor allem das Parken am Hang ermöglicht. Die gute Beschleunigung und die tadellose Strassenlage sind die grossen Pluspunkte der GT650. Kurzum, man kriegt sie schnell lieb. Der Stauraum unter den Sitzen fasst bis zu zwei Helme oder es können gut geschützt die Einkäufe transportiert werden. Ein umfangreiches Zubehörprogramm steht zur Verfügung.

Unsere Meinung: Diese Maschine passt gut zur Schweiz. Die GT650 wird es gefallen, denn alle 10 Kilometer gibt es eine Agglomeration, alle 20 Kilometer Berge und alle 50 Kilometer gibt es Pässe. Komfortables und sicheres Fahren garantiert. Tolles Teil dieses Ding!

Jean Louis Vidal Juli 2012 - Übersetzung Felix Stockar


PS: Ach ja, etwas geht wie immer vergessen! Dieses Mal ist es der Preis, das ist nämlich auch wichtig, sehr wichtig. Es wird Sie 12‘450 Franken kosten, 100 ccm mehr, 15 PS mehr aber 1‘000 Franken weniger als ein Tmax von Yamaha.

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